Bericht
Feingutachtens zur
Trassenführung A20 („Regionalkonferenz“)18.9.2001/ Stade
In diesem
Feingutachten werden die drei zur Diskussion stehenden Elbquerungen sowie die
Planungskorridore I, II und III der A20 beurteilt.
Veranstaltungsleiter war Herr Kögel vom Landesamt für Strassenbau, Hannover.
Anwesend waren Vertreter der Bezirksregierung, der Landkreise, der Gemeinden
und verschiedenster Verbände.
Verkehrsgutachten, Dr. Stöcker, SSP-Consult, Bergisch-Gladbach
Das Gutachten beruht auf folgenden Daten:
- Bevölkerungsentwicklung bis zum Jahr 2015 des IFO-Institutes von 1999
- Verkehrszählung von 1997, das Gutachten wird mit Daten aus 2001 überarbeitet
Die Berechnung erfolgte unter Berücksichtigung der Verkehrsströme von
Skandinavien bis zum Ruhrgebiet, einschließlich der zu erwartenden Entwicklung
für die Nordseehäfen und des öffentlichen Personennahverkehrs.
Auszüge:
Einwohnerentwicklung:
LK Stade 1997 bis 2015: + 17,5 %
Nord-NS 1997 bis 2015: + 13,1 %
Hamburg 1997 bis 2015: + 2,4 %
S-H 1997 bis 2015: + 6,9 %
Pkw-Fahrten:
NS 1997 bis 2015: + 34,5 %
Hamburg 1997 bis 2015: + 3,4 %
S-H 1997 bis 2015: + 25,6 %
Güterverkehr:
NS 1997 bis 2015: + 14,2 %
Hamburg 1997 bis 2015: + 23,3 %
S-H 1997 bis 2015: + 20,9 %
Auf Grundlage dieser und weitere Daten wurden dann die Verkehrsprognosen
erstellt. Insgesamt wurden 30 verschiedene Trassenvarianten berechnet. Vier
dieser Varianten wurden vorgestellt, hier die wesentlichen Ergebnisse von drei
Varianten :
1. Westkorridor (Kehdingen) und
Elbtunnel bei Wischhafen:
Tunnelbelastung:32.000 KFZ/Tag
Entlastung A26: 6.000 KFZ/Tag
Entlastung A1: 26.000 KFZ/Tag
2. Mittlere bzw. östliche Trasse mit
östlicher Umfahrung Stades und mittlerer Elbtunnel:
Tunnelbelastung:48.000 KFZ/Tag
Entlastung A1: 6.000 KFZ/Tag
Entlastung A7: 11.000 KFZ/Tag
3. Mittlere bzw. östliche Trasse und
Elbtunnel bei Grünendeich:
Tunnelbelastung:47.000 KFZ/Tag
Entlastung A1: 20.000 KFZ/Tag
Entlastung A7: 17.000 KFZ/Tag
Bewertung:
·
Es sind keine wesentlichen Unterschiede bei
den Belastungen im Bützflether und Grünendeicher Tunnel zu erwarten. Bedingung
dafür ist die neue Trasse östlich von Stade, direkt am Bützflether
Gewerbegebiet (DOW) verläuft. Diese ist ca. 6 km kürzer als die bisherige
Anbindung von der A1.
·
Der Einfluß unterschiedlicher Anbindungslinien
an die Tunnel wurde am Beispiel Uetersen (S-H) deutlich gemacht. Der
Unterschied in der Tunnelbelastung bei einer östlichen Umfahrung Uetersen zur alternativen westlichen Umfahrung beträgt
ca. 9.000 KFZ/Tag.
·
Je nach Trassenführung in Niedersachsen und
Schleswig-Holstein ergeben sich folgende Tunnelbelastungen:
Wischhafen : 30.000 - 40.000 KFZ/Tag
Bützfleth : 36.000 - 48.000 KFZ/Tag
Grünendeich: 38.000 - 50.000 KFZ/Tag
Anmerkung: Die Zahlen in den
gezeigten Tabellen waren z.T. widersprüchlich, dadurch erklärt sich der
Widerspruch in der letzten Aufstellung und den Zahlen weiter oben zu den
Tunnelvarianten. Das Zahlenwerk, das in der Veranstaltung vorgestellt wurde,
war sehr umfangreich. Auf Nachfrage eines Zuhörers, wurde von Gutachter
erklärt, dass Abweichungen von 2.000 KFZ/Tag innerhalb verschiedener Tabellen
nicht bedenklich und unerheblich für das Gutachten wären.
Bei den gezeigten Tabellen war die maximale Belastung für den Bützflether
Tunnel bei einer nicht näher erläuterten Trassenführung mit Anbindung über
Stade-Ost mit ca. 60.000 KFZ/Tag verzeichnet.
·
Die Entlastung
der A7 (Elbtunnel) liegt bei den Tunnelvarianten bei bis zu:
Wischhafen : 9.000 KFZ/Tag
Bützfleth : 24.000 KFZ/Tag
Grünendeich: 20.000 KFZ/Tag
·
Für die Trassen zur A1 ergeben sich unabhängig
davon wie die Trassenführung in S-H erfolgt, folgende maximale Belastungen:
- West (Kehdingen): nicht mehr als 36.000 KFZ/Tag
- Mitte und Ost : bis 50.000/60.000 KFZ/Tag
Die A20 von Lübeck
bis zur A1 ist für den Transitverkehr unbedeutend. Dieser wird bei Lübeck
bereits auf die A1 wechseln und Hamburg östlich umfahren. Die Belastung durch
den Transitverkehr auf der A20 wird bei günstiger Trassenführung maximal 6.000
KFZ/Tag betragen.
Raumstrukturelle Entwicklung, Vortrag von Hr. Kögel
Das Gutachten ist fertiggestellt. Die Gutachter, Planko-Consulting aus Essen,
waren nicht anwesend. Die Kommentare zum
Gutachten ließen den Eindruck aufkommen, dass die gestellten Erwartungen nicht
erfüllt wurden. Die Ergebnisse sollen jedoch mit bei der Trassenfindung
berücksichtigt werden. Folgende Kernaussagen wurden vorgestellt:
·
Die Erreichbarkeit
der nächsten Autobahnauffahrt für die Bevölkerung wurde bewertet. Hier lag
die Westtrasse (V1) vor der Mittel- (V2) und vor der Osttrasse (V3).
Reihenfolge: V1 - V2 - V3
·
Die Zeitersparnisse
für die Bevölkerung des LK Stade wurden bewertet. Absolute Zeitangaben
wurden dabei nicht getätigt. Es gab lediglich eine Reihenfolge für die drei Trassenvarianten.
a. Die Zeitersparnis zur nächsten BAB-Auffahrt: Reihenfolge: V1 - V2 - V3
b. Die Zeitersparnis zum BAB-Kreuz HH-Nord-West: Reihenfolge: V2 - V3 - V1
c. Die Zeitersparnis zum BAB-Kreuz Bremen: Reihenfolge: V2 - V1 - V3
·
Dritte Untersuchung: Bedienungsqualität. Dies soll die mögliche wirtschaftliche Entwicklung im Umfeld der Autobahn
wiedergeben, bewertet. Das Umfeld ist der Bereich der innerhalb eines
20-Minuten-(Erreichbarkeits-) Korridors liegt:
a. Westtrasse (V1):
Eine leichte Stärkung der Wirtschaft wird im Bereich Bremervörde und Zeven
erwartet. Wirtschaftliche Effekt in anderen, landwirtschaftlich geprägten
Gebieten (Kehdingen), konnten vom Gutachter nicht nachgewiesen werden.
Anmerkung: Dies war der mit Abstand
widersprüchlichste und qualitativ schlechteste Teil aller Gutachten. Der
Eindruck, daß das Institut den politischen Willen für eine Westtrassierung
nicht gänzlich ignorieren konnte, war massiv. Dies führte zum z.T. lächerlichen
Formulierungen über mögliche wirtschaftliche Zukunftspotentiale in Kehdingen.
Diese sind allerdings eine Luftnummer und wurden von der BI gegen die
Westtrasse bereits während der Versammlung als solche benannt.
b. Mittlere Trasse (V2):
Der Bereich Stade und Harsefeld wird profitieren und da die Trasse insgesamt
strukturstärkere Bereiche durchläuft, ist die Stärkung der vorhandenen
Potentiale größer als bei V1. Es werden positive Effekte an den Anschlußpunkten
entlang dieser Trasse erwartet.
c. Osttrasse (V3):
Diese Trasse (Hamburg nah) hat einen nur auf den östlichen Bereich beschränkten
Effekt. Für den gesamten untersuchten Raum ergeben sich nur wenige Potentiale,
die die Wirtschaft stärken, da der Ausstrahlungseffekt auf die mittleren und
insbesondere die westlichen Bereiche nur gering ist.
Anmerkung: Für die Ostvariante wurden keine
weiteren Untersuchungen vorgenommen, da der Gutachter/ das Planungsamt so nahe
an Hamburg keine Effekte erwartet. Dies könnte u.U. in späteren Klageverfahren
der Planungsbehörde noch zum Problem werden, da für alle Varianten alle Aspekte
sachlich fundiert und abschließend zu prüfen sind.
Bedienungsqualität ergibt sich folgende
Reihenfolge: V2 - V1 - V3
Zusammenfassend erklärte das Planungsamt, dass, auch wenn keine eindeutigen
Aussagen im Gutachten getätigt werden, dieses bei der Trassenfindung berücksichtigt
wird und insgesamt gesehen, die mittlere
Trasse sowie die Elbquerungen bei Bützfleth und Grünendeich für die raumstrukturelle
Entwicklung den stärksten Effekt besitzen.
Umweltgutachten, Herr Bechtloff, Cochet Consult, Bonn
Das Gutachten (Umweltverträglichkeitsstudie) ist insgesamt noch nicht
fertiggestellt und es sind noch nicht alle Untersuchungen abgeschlossen bzw.
eingearbeitet. Fertigstellungstermin = Ende 2001.
Das Gutachten betrachtet insgesamt ca. 60.000 Hektar als Grobanalyse, wobei
nicht alles untersucht werden kann. Es handelt sich dabei um die Stufe 2 der
Umweltverträglichkeitsstudie.
Es werden im Gutachten die Auswirkungen auf:
- den Menschen (wohnen und erholen)
- die Tiere und Pflanzen
- den Boden und Wasser, Klima und Luft
- und die Kultur
untersucht und beurteilt. Das Ziel ist, jeder Trasse nur eine Variante
zuzuordnen und anschließend eine Trasse auszuwählen. Der Elbkorridor (Anbindung
der Elbquerung) wird separat betrachtet.
Anmerkung: Die folgenden Absätze geben nur eine kurze
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte wieder. Das Gutachten wird nach
Fertigstellung aufgrund des Umweltrechtes veröffentlicht und ist für jeden
zugänglich. Herr Bechtloff/ Cochet Consult machten bei der Veranstaltung durch
enormes Fachwissen, offene Worte und große Detailkennntisse einen hervorragenden
Eindruck.
1. Westtrasse (Elsdorf bis Stade-West):
Bei dieser Trasse sind die stärksten Raumwiderstände, allein schon durch die
Länge (63 km) festzustellen. Zusätzlich gibt es fünf Konfliktschwerpunkte und
diverse Siedlungsgebiete, die betroffen wären und im wesentlichen nicht
umfahren werden können. Die Westtrassierung wird über eine große Strecke auch
durch die Oste (Schutzgebiet) begrenzt, was das Konfliktpotential erhöht.
Insbesondere sind zu nennen:
- das Gebiet Heeslingen mit der Twister- und Bever-Aue als FFH-Gebiet
- das Hohe Moor als FFH-Gebiet
- den Gräbeler Mühlenbach
- das Moorgebiet Wiepenkathen
2. Mitteltrasse (Elsdorf bzw. Sittensen
bis Stade-Ost):
Da diese Trasse ursprünglich auch bei Elsdorf auf die A1 führte und den
Konfliktschwerpunkt Heeslingen durchquerte, wurde eine neue Variante erarbeitet,
die bei Sittensen auf die A1 führt und damit Heeslingen nicht berührt. Mit
dieser neuen Variante gibt es nur noch einen Konfliktschwerpunkt, der
entsprechend der Aussage des Gutachters aber eventuell auch umfahren werden
kann. Dies ist das Gebiet Hammoor bei Oersdorf, welches als FFH-Gebiet
angemeldet ist. Weiter wurden auch hier Siedlungsgebiete und der Rüstjer Forst
als besonders betroffen genannt.
3. Osttrasse (Heidenau nach Horneburg):
Es wurden zwei Konfliktschwerpunkte ermittelt. Dies sind der Bereich der
Anbindung an die A1 und der Bereich Horneburg/Schragenberg als landschaftlicher
Übergang zwischen Geest und Marsch sowie dem Bullenbruch als Feucht- und
Vogelgebiet. Als problematisch wurden auch hier die Siedlungsgebiete,
insbesondere die Umfahrung Apensen mit der Querung der Goldbek gesehen.
4. Elbkorridor Kehdingen (Anbindung
Tunnel Wischhafen und westliche Anbindung Tunnel Bützfleth):
Als Problemschwerpunkte wurden genannt:
EU Vogelschutzgebiet
- die kulturhistorische Bedeutung (wichtiger als die des Alten Landes)
- die Hochmoore und deren Übergänge in die Umgebung (z.B. Kehdinger Moor)
- große Grünlandkomplexe
- die unzerschnittene Landschaft
- der weite Blick mit Wolkenbildern
Ergänzend wurde allerdings darauf hingewiesen, dass durch die Ackerflächen, die
Windkraftanlagen und die Gewerbegebiete bereits Einschnitte vorhanden sind und
der Tunnel in jedem Fall als lange Variante ausgeführt werden müßte, um den Elbuferbereich
und das Asseler Moor zu schützen
5. Elbkorridor Bützfleth, östliche
Anbindung:
Als Problembereich wurde lediglich das Einmündungsgebiet der Schwinge genannt.
Im Übrigen wurde auf die neu eingeführte Anbindung entlang des Gewerbegebietes
(DOW) hingewiesen. Hier wurden keine Bedenken geäußert.
6. Elbkorridor Altes Land:
Es wurden die kulturhistorisch hohe Bedeutung, die Funktion für den
Tourismus und als Naherholungsgebiet, mit der höchsten Bedeutung im Bereich des
untersuchten Gebietes und das FFH-Gebiet Lühesand und Elbufer aufgeführt. Wie
für Kehdingen wurden jedoch die Windkraftanlagen, massive Gewerbeansiedlungen,
Hochspannungsleitungen und die A26 als bestehende oder zukünftige Einschnitte gewertet.
Der Gutachter sah die Gefahr einer Überprägung des Alten Landes. Kritisch wurde
auch die Anpflanzung von niederstämmigen statt hochstämmigen Bäumen angesehen.
Das Alte Land wurde auf Nachfrage zum Konfliktschwerpunkt und somit als besonders
schützenswert erklärt.
Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass die Untersuchungen zur
Lärmauswirkung und den verkehrlichen Kreuzungs- und Anbindungspunkten erst am
Anfang stehen.
Bewertung:
Aus Gründen der Umweltverträglichkeit würde eine
Trassenführung Sittensen - Wangersen - Kakerbek - Bargstedt - Geestrand
(zwischen Stade und Horneburg) - Bützfleth den geringsten Schaden verursachen.
Durch dieserTrasse wäre nur der Konfliktschwerpunkt Oersdorf (Hammoor) betroffen
und dieser ließe sich nach Aussage des Gutachters unter Umständen umfahren.
Zusammenfassung, Herr Kögel, Landesamt für Strassenbau, Hannover
¨ Es hat sich gezeigt, dass auf allen Trassen und Elbquerungen
ausreichende Verkehrszahlen erreicht werden.
Anmerkung: Hier wurde z.T. mit abenteuerlichen
Zahlen hantiert. Es drängte sich der Eindruck auf, daß alle Trassenvarianten
künstlich „hochgerechnet“ wurden, um den Bau einer Autobahn zu rechtfertigen.
Die Basiszahlen aus 1998 sind um enorme Werte übertroffen worden
¨ Das raumstrukturelle Gutachten hat ergeben, dass der Westkorridor
nicht die erwarteten wirtschaftlichen Vorteile bringt, er ist nicht der
"Überflieger" und dass der Mittelkorridor gegenüber den beiden
anderen Korridoren wirtschaftlich größere Impulse setzten kann.
¨ Aus Sicht der Umweltverträglichkeitsstudie stellt sich der
Westkorridor am deutlich ungünstigsten dar.
¨ Es werden noch weitere Untersuchungen bezüglich der
städtebaulichen und der landwirtschaftlichen Auswirkungen erstellt. Das
landwirtschaftliche Gutachten soll durch die Landwirtschaftskammer Bremervörde
erstellt werden.
¨ Bei der Trassenauswahl werden FFH-Gebiete besonders berücksichtigt
und querende Trassen sollen entfallen.
¨ Bei der Wahl der Trasse und der Elbquerung wird eine Abstimmung
mit Schleswig-Holstein herbeigeführt.
¨ Der Variantenvergleich wird bereits jetzt beginnen und mit einem
Trassenvorschlag im März 2002 abgeschlossen.
Die nächste
Arbeitskreissitzung wird dann voraussichtlich im März 2002 stattfinden.
Das Protokoll wurde von der BI „Keine A20 durch’s Alte Land“ (Wolfgang Mussack)
verfaßt. Wir haben es in einigen Passagen noch durch unsere Aufzeichnungen ergänzt.
Vielen Dank, daß wir es nutzen können.