In Fachzeitschrift: Umwelt und Planungsrecht. UPR, Jg. 18 (1998), Nr.6, S.225-228,


  1. Ist nach Landesrecht die Klage eines Naturschutzverbands auf das Vorbringen begrenzt, daß der angegriffene Planfeststellungsbeschluß - hier für einen Abschnitt der Ostseeautobahn, der die Trave in der Wakenitz- Niederung queren soll - den Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes, des Landesnaturschutzgesetzes oder anderen Naturschutzbestimmungen widerspricht, so haben in der Klage Fragen des Verkehrsbedarfs, der Kosten und der Lärmauswirkungen unberücksichtigt zu bleiben.

  2. Eine straßenrechtliche Planung, die sich im nachfolgenden Abschnitt vor unüberwindbaren Hindernissen sieht, verfehlt ihren gestaltenden Auftrag.

  3. Als ein mögliches rechtliches Hindernis der Planverwirklichung sind auch die Richtlinien des Europäischen Rats über die Erhaltung der Vogelarten und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume zu beachten.

  4. Das Schutzregime der europäischen Vogelschutzrichtlinie erfaßt auch erhebliche Auswirkungen, die Ursachen außerhalb des Gebiets haben.

  5. Artikel 4 IV der Vogelschutz-RL ist dahin auszulegen, daß ein EU-Mitglied nicht befugt ist, die wirtschaftlichen Erfordernisse als Gründe des Gemeinwohls zur Durchbrechung des Schutzregimes zugrunde zu legen.

  6. Die rechtliche Möglichkeit eines potentiellen Flora-Fauna-Habitat-Gebiets kommt in Betracht, wenn für ein Gebiet die sachlichen Kriterien nach Artikel 4 I der FFH-Richtlinie erfüllt sind, die Aufnahme in ein kohärentes Netz mit anderen Gebieten sich aufdrängt und der Mitgliedstaat die FFH-Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt hat.

  7. Aus dem Gemeinschaftsrecht folgt die Pflicht eines Mitgliedsstaats, vor Ablauf der Umsetzungsfrist einer EU-Richtlinie die Ziele der Richtlinie nicht zu unterlaufen und keine vollendeten Tatsachen zu schaffen.

  8. Es ist höchst zweifelhaft, ob einem Mitgliedstaat bei der Auswahl der der EU-Kommission zu meldenden Schutzgebiete ein politisches Ermessen zusteht.

  9. Dem Mitgliedstaat ist es versagt, bereits in der Phase der Gebietsauswahl seinen Interessen der wirtschaftlichen oder infrastrukturellen Entwicklung den Vorrang vor dem Lebensraum- und Artenschutz einzuräumen.

Bezug:
VerkPB Par.1 Abs.1, 5 Abs.1; FStrG Par.1 Abs.1; BNatSchG Par.29 Abs.1 S.1 Nr.4; LNatSchG SH Par.51 c Abs.1; VwGO Par.67 Abs.1; Vogelschutz-RL; FFH-RL. BVerwG, Beschluß vom 21.1.1998 - 4/VR/3.97